Ein individueller Sanierungsfahrplan, kurz iSFP, zeigt Eigentümern, wie sie ihr Haus Schritt für Schritt energetisch sanieren können. Doch wie bewährt sich das Instrument in der Praxis, wo lauern Fallstricke, was sollten Eigentümer zum iSFP wissen? Wir untersuchen an einem konkreten Beispiel, was der iSFP bringt – und wo er an seine Grenzen stößt. Ein Erfahrungsbericht.
Berlin. Eine Jugendstilvilla aus dem Jahr 1891 mit herrschaftlicher Fassade, aber ohne Denkmalschutz; bislang keine nennenswerten energetischen Sanierungen; Erdgas-Brennwertheizung aus dem Jahr 2004, doppelverglaste Kunststofffenster aus den Siebzigerjahren. So die Ausgangslage. Bei dieser Immobilie, die gelinde gesagt energetisch verbesserungsbedürftig ist, muss ein Fachmann her. Dieser zeigt mit einem auf die Immobilie zugeschnittenen Sanierungsfahrplan auf, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge welche energetischen Verbesserungen bringen.
Die Bandbreite ist enorm: Im Fahrplan können wenige Einzelmaßnahmen bis zur kompletten Gebäudesanierung beschrieben werden. Doch wo bekommt man zunächst den passenden Fachmann her? Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zugelassenen Energieberater sind unter www.energie-effizienz-experten.de gelistet. Nach Eingabe der eigenen Postleitzahl erhält man alle in der Region zugelassenen Experten. Die Auswahl eines Experten aus dieser Liste ist auch eine Voraussetzung dafür, um die Förderung von 80 Prozent für die Erstellung eines iSFP zu erhalten.
Beratungsgespräch führen
Doch für wen genau (aus der in manchen Regionen sehr umfangreichen Liste) soll man sich entscheiden? Ob Ingenieur, Architekt oder Heizungsbauer hängt von den angestrebten Sanierungsmaßnahmen ab. Aber auch Empfehlungen von Dritten können bei der Entscheidung für einen Energieberater helfen. In unserem konkreten Fall erteilte die regionale Energieberatungsstelle der Stadt Empfehlungen für bestimmte Experten. Und natürlich ist auch die Wartezeit ein Faktor, denn viele der Fachleute sind für Monate im Voraus ausgebucht.
Nach einer Wartezeit von drei Monaten fand schließlich das Beratungsgespräch statt. Hilfreich für das Erstgespräch sind Baupläne oder Unterlagen von vergangenen Sanierungen. Im Fall der Jugendstilvilla gab es zwar noch alte Bauzeichnungen von 1890, die allerdings nach heutigem Maßstab nicht viel Aufschluss bringen. Kein Problem, der Zollstock – oder besser gesagt, das digitale Distanzmessgerät – wird gezückt und das Haus kurzerhand neu vermessen. Diese Daten muss der Energieeffizienzexperte erheben, um die späteren Verbrauchsdaten mithilfe eines computergestützten Programms zu berechnen.
Individueller Sanierungsfahrplan
Bei diesem ersten Termin macht sich der Experte außerdem ein umfassendes Bild von der Immobilie, von innen und außen, vom Keller und der Heizungsanlage bis hin zum Dach, und dokumentiert das Ganze auch fotografisch. Die Eigentümer hingegen können ihre persönlichen Präferenzen erläutern, das heißt, welche Maßnahmen für sie besonders wichtig sind und zuerst ergriffen werden sollten. Nach diesen Wünschen richtet sich der Experte, zumindest soweit dies energetisch sinnvoll erscheint.
Wenige Wochen später war es dann so weit. Der fertige iSFP besteht aus zwei Dokumenten: „Mein Sanierungsfahrplan“ und die „Umsetzungshilfe für meine Maßnahmen“. Gleich zu Beginn zeigt ersteres Dokument die baulichen Ausgangsbedingungen auf und trägt die wichtigsten Rahmendaten der Immobilie zusammen: Das Dach ist schwach gedämmt, die Fassade besteht aus 36 Zentimeter dickem Ziegelmauerwerk, die Fenster sind zweifach isolierverglast, die Gas-Brennwertheizung stammt aus dem Jahr 2004, der Keller ist teilweise beheizt und die Bodenplatte mäßig gedämmt.
Ist-Zustand wird anschaulich dargestellt
Kernstück von „Mein Sanierungsfahrplan“ ist die Fahrplanseite. Sie dokumentiert den Zustand des Gebäudes im Verlauf der Sanierung, indem sie die vereinbarten Maßnahmenpakete mit ihren zeitlichen Abläufen, Kosten und Einsparpotenzialen darstellt. So erkennen Eigentümer, wo sie mit der jeweiligen Modernisierung zeitlich, finanziell und energetisch stehen. Bei der Aufstellung der Investitionskosten ist natürlich zu beachten, dass es sich zunächst nur um einen groben Überschlag handelt. Genauso spiegeln die in die Berechnung einfließenden Fördergelder lediglich die Konditionen wider, die zum Zeitpunkt der Erstellung galten. Und dies kann sich schnell ändern.
Zusätzlich zu „Mein Sanierungsfahrplan“ erhält jeder die „Umsetzungshilfe für meine Maßnahmen“. Sie enthält detaillierte, tiefergehende Informationen über die einzelnen Sanierungsschritte. Unter anderem werden der erwartete Endenergieverbrauch sowie die CO2 -Einsparungen nach der jeweiligen durchgeführten Maßnahme aufgeführt. Mit technischen Daten wie zum Beispiel dem U-Wert für die Maßnahme Fenstererneuerung oder der Dämmstoffdicke für die Maßnahme Fassadendämmung können Eigentümer gezielt Angebote von Fachfirmen einholen.
Kontrolle ist besser
Bevor der Energieberater die Dokumente zur Freigabe an das BAFA schickt, sollten Eigentümer alle Rahmendaten prüfen und kontrollieren, ob die Wünsche aus dem Erstgespräch tatsächlich berücksichtigt wurden. Wie wichtig diese Kontrolle ist, zeigt unser Beispiel: So schlägt der iSFP als Maßnahmenpaket 4 die Dämmung der obersten Geschossdecke vor und geht somit fälschlicherweise von einem unbewohnten Dachgeschoss aus. Schließlich wird die oberste Geschossdecke nur dann gedämmt, wenn das Dachgeschoss nicht als Wohnraum dient und das auch in Zukunft so bleiben soll. Die Überlegungen der Eigentümer im Erstgespräch gingen aber dahin, das Dach komplett neu zu decken und in diesem Zusammenhang das Dach zu dämmen.
Ein ganz unterschiedlicher Ansatz, der gravierende Folgen haben könnte. Denn ist der Fahrplan erst einmal vom BAFA freigegeben, dürften Änderungen nicht oder nur schwer möglich sein. Und werden andere Maßnahmen durchgeführt als beschrieben, könnte das wiederum bei der Beantragung von Fördermitteln Probleme bereiten – der iSFP-Bonus (siehe unten) wäre eventuell verschenkt. Sind etwaige Fehler im Vorfeld ausgemerzt und ist der iSFP vom BAFA freigegeben – was meist etliche Monate dauert –, kann das Abschlussgespräch stattfinden.
Das Abschlussgespräch
Hier sollte unter anderem die Reihenfolge der Maßnahmenpakete thematisiert werden. So stellte sich in unserem Beispiel die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, zuerst die Fenster auszutauschen, während die Dämmung der Gebäudehülle erst als dritte Maßnahme zehn Jahre später vorgeschlagen wird. Schließlich muss man bei der vorgeschlagenen Dreifachverglasung der Fenster auch darauf achten, dass der U-Wert (also der Wärmedurchgangskoeffizient) bei den neuen Fenstern nicht niedriger ist als derjenige der Wände.
Ansonsten droht die Gefahr von Schimmelpilzbildung, da sich die Feuchtigkeit an der kühlsten Stelle niederschlägt. Angenommen, das 36 Zentimeter dicke Ziegelmauerwerk hat einen U-Wert von 0,8 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m²K), so sollten die Fenster keinen niedrigeren U-Wert haben. Sehr gute Dreifachverglasungen kommen aber auf einen U-Wert von 0,5 W/m²K.
Fazit von Anna Katharina Fricke, Haus & Grund Deutschland
Der iSFP empfiehlt sich für alle Eigentümer, deren Immobilie kleinere oder größere energetische Defizite aufweisen und liefert eine Strategie, wie man die Immobilie Schritt für Schritt sanieren kann. Doch gerade unser Beispiel der Altbauvilla aus dem Jahr 1891 macht deutlich, dass Papier zwar geduldig, die Umsetzung von manch einer Maßnahme allerdings fragwürdig ist. Will man wirklich die Jugendstilfassade hinter einer Wärmedämmung verstecken und damit den architektonischen Charme des Hauses kaputt machen? Wahrscheinlich nicht.
Und die Antwort auf die – vor allem in Zeiten rasant steigender Gaspreise – wichtigste Frage nach der künftigen Energieversorgung ist leider auch ernüchternd: Der Sanierungsfahrplan hält an der Erdgas-Brennwertheizung in Verbindung mit einer Heizungsoptimierung fest. Dabei soll eine Photovoltaik-Anlage künftig sowohl die Heizung als auch die Warmwasseraufbereitung unterstützen. Warum? Eine einfache und wirtschaftliche Lösung, diese Immobilie ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu versorgen, gibt es (noch) nicht. Die kann auch der iSFP nicht herbeizaubern.
Förderungen rund um den iSFP
Die Erstellung des individuellen Sanierungsfahrplans wird zu 80 Prozent gefördert. Diese Förderung beantragt der Energieeffizienzexperte direkt beim BAFA; der Eigentümer zahlt lediglich die verbleibenden 20 Prozent an den Energieberater. Entscheidet sich der Eigentümer für die Umsetzung einer Maßnahme aus dem Fahrplan, winkt ein Bonus: Der für die jeweilige Maßnahme vorgesehene Fördersatz wird zusätzlich um fünf Prozentpunkte erhöht.
Um diesen iSFP-Bonus zu erhalten, müssen Eigentümer die Maßnahme spätestens 15 Jahre nach Erstellung des iSFP durchführen. Hinweis: Für den Heizungstausch gibt es den iSFP-Bonus von fünf Prozentpunkten seit August 2022 nicht mehr. Stattdessen können Eigentümer einen Heizungstausch-Bonus von zehn zusätzlichen Prozentpunkten erhalten, wenn ihre Heizung älter als 20 Jahre ist.