Mängel in gebraucht gekaufter Wohnung: Kann Käufer vorab Renovierungskosten einfordern?

Kurz nach dem Kauf zeigt die Wohnung Mängel. Kann der Käufer jetzt vom Verkäufer die Kosten für die Renovierung einfordern, noch bevor die Arbeiten stattgefunden haben? Für den Kauf eines Neubaus hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage bereits verneint, der Käufer muss das Geld vorstrecken. Jetzt hat der BGH für den Kauf einer Bestandswohnung in NRW anders geurteilt.

Kurz nach dem Kauf zeigt die Wohnung Mängel. Kann der Käufer jetzt vom Verkäufer die Kosten für die Renovierung einfordern, noch bevor die Arbeiten stattgefunden haben? Für den Kauf eines Neubaus hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage bereits verneint, der Käufer muss das Geld vorstrecken. Jetzt hat der BGH für den Kauf einer Bestandswohnung in NRW anders geurteilt.

Karlsruhe. Zeigt eine Wohnung nach dem Kauf Mängel, kann der Käufer vom Verkäufer die Kosten der Renovierung einfordern. Dabei muss er nicht in Vorleistung treten: Er kann bereits vor der Ausführung der Arbeiten die veranschlagte Summe verlangen. Juristen bezeichnen das als sogenannte „fiktive Mängelbeseitigungskosten“. Ob der Käufer die Renovierung dann auch wirklich durchführen lässt, ist unerheblich. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag entschieden (Urteil vom 12.03.2021, Az.: V ZR 33/19).

Der konkrete Fall drehte sich um eine Eigentumswohnung in Nordrhein-Westfalen, die im Jahr 2014 zum Preis von knapp 80.000 Euro den Besitzer gewechselt hatte. Im Schlafzimmer war in der Vergangenheit schon einmal Feuchtigkeit aufgetreten. Deswegen vereinbarte man im Kaufvertrag, dass der Verkäufer in den ersten zwei Jahren nach dem Verkauf für die Beseitigung etwaiger weiterer Feuchtigkeitsprobleme aufkommen wird. Tatsächlich zeigte sich im Schlafzimmer Ende 2014 wieder Feuchtigkeit.

Wohnungskäufer darf fiktive Mängelbeseitigungskosten einfordern

Die neuen Eigentümer forderten daraufhin von ihrem Vorgänger die Beseitigung des Problems. Doch der weigerte sich. Daraufhin verklagten die aktuellen Wohnungseigentümer den Verkäufer: Sie wollten von ihm die veranschlagten Renovierungskosten in Höhe von knapp 8.000 Euro vorgestreckt bekommen. Außerdem sollte das Gericht feststellen, dass der Vorbesitzer auch für weitere Feuchtigkeitsschäden aufkommen muss. Vor dem Landgericht Krefeld bekamen die Käufer Recht, das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte das Urteil.

Am Ende scheiterte der Verkäufer auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter in Karlsruhe stellten fest, es sei dem Käufer nicht zuzumuten, die Mängelbeseitigung vorfinanzieren zu müssen. Die Berechnung der Höhe solcher fiktiven Mängelbeseitigungskosten ließe sich zum Beispiel auf ein Gutachten gestützt vornehmen. Die Gefahr einer Überkompensation des Schadens durch den Verkäufer sei beim Verkauf einer Bestandsimmobilie nicht groß. Hier geht es gewöhnlich um Schäden, mit denen die Käufer nicht leben könnten – wie in diesem Fall.

Urteil gilt nur für Kauf von Bestandsimmobilien

Wichtig zu beachten ist: Das Urteil gilt ausschließlich für den Kauf einer Bestandsimmobilie. Für den Kauf eines Neubaus ist es nicht anwendbar. Hierüber hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit anders entschieden und das Einfordern fiktiver Mängelbeseitigungskosten abgelehnt (Urteil vom 22.02.2018, Az.: VII ZR 46/17). Anders als beim Kauf einer Bestandsimmobilie könne es beim Neubau auch kleinere Mängel geben, mit denen der Käufer durchaus leben kann.

Wenn etwa Fliesen in einer nicht bestellten Farbe verlegt wurden, kann sich der Käufer damit wahrscheinlich abfinden und von einem Austausch der Fliesen absehen. Hätte er das Recht, vor der tatsächlichen Beseitigung des Mangels die Kosten dafür vom Verkäufer zu verlangen, könnte er sich daran bereichern, indem er die Mittel einfordert, die Mängelbeseitigung dann aber unterlässt. Dabei könnte eine durchaus hohe Summe zusammenkommen. Eine solche Überkompensation wäre nicht rechtens, wie der BGH befand.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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