Mietrecht vor Gericht: Ist heimliche Videoüberwachung als Beweis zulässig?

Ist heimliche Videoüberwachung als Beweis zulässig?

Mieter dürfen ihre Wohnung nicht ohne Erlaubnis vom Vermieter untervermieten. Wer es trotzdem tut, riskiert die Kündigung. Doch für die Kündigung muss der Vermieter natürlich beweisen, dass unerlaubt untervermietet wurde. Wie ist eine solche Beweisführung möglich? Darf man das Treppenhaus zu diesem Zweck mit verdeckten Videokameras überwachen lassen?

Mieter dürfen ihre Wohnung nicht ohne Erlaubnis vom Vermieter untervermieten. Wer es trotzdem tut, riskiert die Kündigung. Doch für die Kündigung muss der Vermieter natürlich beweisen, dass unerlaubt untervermietet wurde. Wie ist eine solche Beweisführung möglich? Darf man das Treppenhaus zu diesem Zweck mit verdeckten Videokameras überwachen lassen?

Karlsruhe. Wenn ein Vermieter in einem Mietrechtsstreit Beweismaterial benötigt, dann ist es keine gute Idee, eine heimliche Videoüberwachung im Treppenhaus zu veranlassen. Deren Aufnahmen sind nämlich vor Gericht nicht als Beweismittel zulässig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Frühjahr klargestellt (Urteil vom 12.03.2024, Az.: VI ZR 1370/20), wie erst jetzt bekannt wurde.

Die Entscheidung fiel in einem Streit um die unerlaubte Untervermietung von Mietwohnungen in Berlin. Die beiden Objekte gehörten einer landeseigenen Berliner Wohnungsgesellschaft. Das Unternehmen hatte die Mieterinnen der Wohnungen im Verdacht, diese unerlaubt untervermietet zu haben. Man schickte den Mieterinnen deswegen jeweils eine Abmahnung und suchte zugleich nach einer Möglichkeit, Beweismaterial zu sichern.

So beauftragte die Wohnungsgesellschaft schließlich eine Privatdetektivin. Die installierte jeweils eine verdeckte Überwachungskamera vor den fraglichen Wohnungstüren. Über vier Wochen hinweg sichtete die Detektivin die Aufzeichnungen der Videokameras und protokollierte, dass regelmäßig auch andere Personen als die Mieterinnen selbst mit einem eigenen Schlüssel in die Wohnungen gingen.

Detektivin überwachte Treppenhaus mit Kameras

Wohnungseingang, Gesichter und Kleidung der Personen waren auf den Aufnahmen zu erkennen. Die Wohnungsgesellschaft sah sich in ihrem Verdacht bestätigt und kündigte den Mieterinnen fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Mieterinnen weigerten sich, auszuziehen – die Vermieterin strengte daraufhin eine Räumungsklage an. Eine der Mieterinnen wiederrum warf der Vermieterin „Stasimethoden“ vor und forderte vor Gericht eine Geldentschädigung wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein.

Nachdem das Amtsgericht Berlin Mitte den Räumungsklagen stattgegeben und einen Entschädigungsanspruch verneint hatte, wies das Berliner Landgericht die Räumungsklagen ab, weil es die Videoüberwachung nicht als Beweis anerkennen mochte. Dem pflichtete der Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich bei. Die Videoaufnahmen hatten nach den Feststellungen der Bundesrichter gegen den Datenschutz verstoßen: Das heimliche Erheben personenbezogener Daten im nicht-öffentlichen Raum sei unzulässig.

Das Treppenhaus eines Wohngebäudes ist schließlich nicht öffentlich zugänglich und insofern muss dort auch niemand damit rechnen, gefilmt zu werden, stellte der BGH fest. Er stufte das Vorgehen der Wohnungsgesellschaft als schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mieterinnen ein, sowohl gegen Artikel 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), der die Achtung des Privatlebens garantiert, als auch gegen Artikel 8 der Charta, der den Schutz personenbezogener Daten betrifft.

Videoüberwachung als Beweis nicht zulässig

Überdies hätte die Wohnungsgesellschaft auch mildere Möglichkeiten der Beweissicherung gehabt, kritisierte der BGH: Man hätte ja auch Nachbarn und seine Mitarbeiter befragen oder eine testweise Scheinanmietung der Wohnungen vornehmen können. Das wäre als Beweis ohnehin stichhaltiger gewesen: Die vier Wochen Videoüberwachung hatten ohnehin nur ein Indiz, aber keinen Beweis für eine Untervermietung geliefert, erklärten die Bundesrichter. Schließlich belegten die Aufnahmen nicht, warum die Personen ein- und ausgingen.

Vor diesem Hintergrund sah der Gerichtshof auch eine Verwendung verarbeiteter personenbezogener Daten nach Artikel 4 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mangels öffentlichen Interesses als nicht geboten an. So waren die Kündigungen am Ende unwirksam, weil der Kündigungsgrund unbewiesen blieb. Auch der Stasi-Vergleich sei kein Kündigungsgrund, sondern als Meinungsäußerung vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt, befand Karlsruhe.

Die Räumungsklagen wurden deshalb abgewiesen. Zugleich bestätigte der BGH allerdings auch die vorinstanzliche Ablehnung von Entschädigungsansprüchen der Mieterin. Mit dem Urteil, welches das rechtswidrige Verhalten der Wohnungsgesellschaft festgestellt hat, sei der Mieterin ausreichend Genugtuung verschafft, meinten die Bundesrichter. Das Urteil zeigt: Wer als Vermieter in einer mietrechtlichen Auseinandersetzung Beweise benötigt, sollte sich zuerst rechtlich beraten lassen, welche Beweise geeignet sind.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nach seiner Veröffentlichung nicht mehr aktualisiert wird. Das Veröffentlichungsdatum ist über der Überschrift angegeben.

zurück zum News-Archiv

Folgende Produkte der Haus & Grund Rheinland Westfalen Verlag und Service GmbH könnten Sie interessieren:

Untervermietung

14.95 € * Inkl. 7.00 % MwSt.
Details

Die Mietfibel

16.95 € * Inkl. 7.00 % MwSt.
Details

Untermietvertrag (1 Satz, 2 Exemplare)

7.98 € * Inkl. 19.00 % MwSt.
Details
* Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer zzgl. Versandkosten