Wer eine Immobilie kauft und sie nach weniger als 10 Jahren wieder verkauft, der muss auf den Verkaufsgewinn Einkommensteuer zahlen. Es sei denn, er hat das Objekt in der Zwischenzeit selbst bewohnt. Diese Vorschrift zum sogenannten privaten Veräußerungsgeschäft soll Spekulation verhindern. Aber gilt sie auch, wenn ein Erbe seinen Miterben deren Anteile abgekauft hat?
München. Wer als Mitglied einer Erbengemeinschaft seinen Miterben deren Anteile am Nachlass abkauft und die dazu gehörende Immobilie verkauft, muss seinen Gewinn nicht als Einkommen versteuern. Das gilt auch dann, wenn er die Immobilie nicht mindestens zehn Jahre lang gehalten oder zwischenzeitlich selbst bewohnt hat. So hat es der Bundesfinanzhof (BFH) in einem gestern (18. Januar 2024) veröffentlichten Urteil entschieden und damit seine bisherige Linie in der Rechtsprechung zum privaten Veräußerungsgeschäft geändert (Urteil vom 26.09.2023, Az.: IX R 13/22).
Die Vorgeschichte zu der Entscheidung: Im Jahr 2015 starb eine Frau und hinterließ ihre Immobilien einer Erbengemeinschaft, die aus drei Personen bestand: Einem Mann und den beiden Kindern der Frau. Die Erbengemeinschaft wurde im Jahr 2017 aufgelöst, indem der Mann mit Zwischenschritt über einen Dritten den beiden Miterben deren Anteile am Nachlass abkaufte. Der nunmehr alleinige Eigentümer des Nachlasses verkaufte die zum Nachlass gehörenden Immobilien im Jahr 2018, also rund drei Jahre nach dem Eintreten des Erbfalls.
Kauf von Erbteil: Kein privates Veräußerungsgeschäft
Das Finanzamt sah darin im Einklang mit der bisherigen Steuerpraxis ein privates Veräußerungsgeschäft und besteuerte das Einkommen des Mannes entsprechend. Dagegen legte dieser erfolglos Widerspruch ein und zog dann vor Gericht. Nach einer Niederlage vor dem Finanzgericht hatte der Kläger vor dem Bundesfinanzhof (BFH) schließlich Erfolg: Die obersten Finanzrichter entschieden, das Finanzamt habe hier zu Unrecht Einkommensteuer verlangt. Die Übernahme des Erbteils von den Kindern sei kein klassischer Immobilienkauf gewesen.
Daher gilt nach Ansicht der Bundesrichter auch die Vorschrift zum privaten Veräußerungsgeschäft nicht. Als privates Veräußerungsgeschäft kann ein Verkauf nur dann besteuert werden, wenn die verkaufte Immobilie zuvor angeschafft worden ist. Beim Kauf von Erbteilen anderer Erben sei das nicht gegeben. Durch die Erbschaft hatte dem Mann ja sein Anteil der Immobilien bereits gehört. Das Urteil ist eine sehr gute Nachricht für Immobilienerben, verbessert es doch die Handlungsoptionen der Angehörigen von Erbengemeinschaften.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.
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