Verbände treffen die Politik beim Parlamentarischen Abend (v.l.): Erik Uwe Amaya, Elisabeth Gendziorra, Martin Dornieden, Ina Scharrenbach (CDU), Dr. Johann Werner Fliescher, Konrad Adenauer
Gestern (14. November 2024) war es wieder so weit: Haus & Grund Rheinland Westfalen und der BFW NRW haben ihren traditionellen Parlamentarischen Abend veranstaltet – gemeinsam mit dem Landtag NRW, der zugleich die Location bot. Das große Thema des Abends: „Gesetze, Normen, Ordnungsrecht? Klimaneutralität und bezahlbares Wohnen unter Regelungsdruck.“
Düsseldorf. Im NRW-Landtag hat gestern (14. November 2024) der diesjährige Parlamentarische Abend der privaten Wohnungswirtschaft stattgefunden. Die gemeinsame Veranstaltung von Landtag NRW, BFW NRW und Haus & Grund Rheinland Westfalen lockte rund 130 Entscheider aus Politik, Verbänden sowie Bau- und Wohnungswirtschaft ins Restaurant des Landtagsgebäudes. Landtags-Vizepräsident Christof Rasche (FDP) begrüßte voller Vorfreude die Gäste und wünschte einen informativen und angenehmen Abend. „Das ist auch der Sinn dieser Parlamentarischen Abende: Tolle Informationen, spitzen Gesprächspartner, hochkompetent und ein Ausklang in Geselligkeit, der alles zusammenführt.“ Dieses Konzept ging auch in diesem Jahr wieder voll auf.
Anschließend begrüßte der Präsident von Haus & Grund Rheinland Westfalen, Konrad Adenauer, die Gäste. Er wies auf die hohe Bedeutung des privaten Eigentums hin und regte Entlastungen bei der Grunderwerbsteuer an. Zur Baupolitik stellte er fest: „Die Landesregierung hat Gutes geleistet auf dem Gebiet der Novellierung der Bauordnung. Das ist sehr gut.“ Zugleich wies er jedoch auf weiteren Handlungsbedarf hin: „Bauen muss günstiger werden. Viele unserer Mitglieder würden auch neu bauen, wenn es eben ginge.“ Frei nach Bertha von Suttner, die 1889 gefordert hatte: „Die Waffen runter!“, empfahl Adenauer für die Baupolitik das Motto: „Die Vorschriften runter!“
Landtagsvizepräsident Christof Rasche (FDP) begrüßte die zahlreichen Teilnehmer im Landtag.
Weniger Vorschriften: Bedeutung von Normen soll sinken
Martin Dornieden, Vorsitzender des BFW NRW, wies auf die Folgen der jüngsten politischen Umwälzungen hin – schließlich war erst eine Woche zuvor Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt worden und die Berliner Ampel-Koalition geplatzt. Der Bauunternehmer stellte fest, die Kunden seien enorm verunsichert: „Das führt dazu, dass der Markt gelähmt ist.“ Gerade in solchen Zeiten sei das eigene Zuhause den Menschen sehr wichtig – aber aktuell kaum zu auskömmlichen Preisen zu bauen. Dornieden warb für eine gemeinsam mit NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) entwickelte Idee zur Lösung des Problems: „Wir müssen die Landesbauordnung zum Maß aller Dinge machen. Keine Regelungen darüber hinaus.“
DIN-Normen und anerkannte Regeln der Technik sollten nur noch insoweit angewendet werden müssen, wie die Bauordnung es erfordert. Alle darüber hinausgehenden Standards sollten nur noch als freiwilliges „Add-On“ zwischen Bauherr und Baufirma vereinbart werden können, erklärte Dornieden. Er wies zugleich auch darauf hin, dass diese Idee nur auf der Bundesebene umgesetzt werden könne. Doch ein Bemühen darum lohne sich: „Wenn wir das schaffen, schaffen wir ungefähr 70 Prozent der Vorschriften für den Wohnungsbau ab. Mit einem einzigen Schlag“, betonte Dornieden. „Was man immer dazu sagen muss: Die Erstellung von Normen erfolgt fernab der demokratischen Legitimation“, ergänzte Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen.
Die Idee, auf bauordnungsrechtlich nicht relevante Normen und regeln der Technik zu verzichten, fand großen Anklang bei den zahlreichen Teilnehmern.
Stabile Wohnraumförderung und Bürokratieabbau geplant
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hielt an diesem Abend ein Impulsstatement. Sie stellte fest, dass nach wie vor ein hoher Wohnraumbedarf bestehe und es daher das Ziel sein müsse, wieder Wachstum bei den Baugenehmigungszahlen zu bekommen. „Der öffentlich geförderte Wohnungsbau ist zurzeit wirklich der Garant dafür, dass wir noch bauen. Wir können viel absichern, auch im Eigentumsbereich“, sagte Scharrenbach. Auf die eigentlich zum 1. Januar geplante Anhebung der Zinsen wolle man verzichten, kündigte sie an: „Davon werden wir absehen, vor dem Hintergrund zweier Zinsschritte der Europäischen Zentralbank“. Sie betonte: „Damit stehen wir weiterhin für Verlässlichkeit in Finanzierungsfragen.“
Scharrenbach berichtete außerdem von einer neuen Regelung, die das Land Niedersachsen in seine Landesbauordnung aufgenommen hat: Demnach müssen bei Aufstockung, Ausbau oder Umnutzung von Bestandsgebäuden nur die allgemeinen Anforderungen an Brandschutz und Barrierefreiheit eingehalten werden, aber keine Nachforderungen. „Darüber müssen wir reden, weil ich einen großen Charme dafür habe, diese Regelung nach Nordrhein-Westfalen zu transportieren“, sagte Scharrenbach. Ausbau und vor allem auch Umnutzung von Immobilien, müssten pragmatischer und schneller möglich werden. Überhaupt warb sie für weitere Entbürokratisierung: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit 50 Prozent der Vorschriften auskommen.“
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU, MdL) hielt das Impulsreferat.
Lange Gebäudelebensdauer als Königsweg zur Klimaneutralität
Das Keynote des Abends sprach Professor Josef Hegger von der RWTH Aachen. Er lieferte wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Frage, wie Klimaneutralität für den Bausektor erreichbar sein könnte. Seine erste Feststellung betraf das von der deutschen Politik gesetzte Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden: „Aus meiner Sicht ein Ziel, das nicht erreichbar ist. Realistischer ist, was die Chinesen vorgeschlagen haben, bis 2070 dahin zu kommen.“ Er stellte fest, das Bauen und Betreiben von Gebäuden sei mit einem Anteil von 40 Prozent der größte Emittent von Treibhausgasen. Eine mögliche Stellschraube zur Verringerung könnte die Entscheidung für klimaneutrale Baustoffe sein.
Allerdings: „Wir bauen jetzt schon 10 Prozent mit Holz. Die Frage ist: Kann man noch mehr mit Holz bauen? Und die Antwort, muss man realistisch sagen: Kann man nicht“, erklärte Hegger. Es werde heute schon mehr Holz verwendet, als nachwächst. Hegger warnte angesichts des hohen CO2-Ausstoßes vor Ersatzneubauten zur Erreichung von Klimaneutralität: „Wir müssen mit dem Bestand, den wir haben, leben – und der muss sinnvoll saniert werden.“ Neue Gebäude müssten so konzipiert werden, dass die Rohbauten mindestens 200 Jahre hielten, der Ausbau 100 Jahre und die Technik 50 Jahre. „Das heißt: Wir brauchen Gebäude, die flexibel nutzbar sind“, betonte der Professor.
Für obsolet gewordene Gebäude sollte man neue Nutzungen finden. „Re-Use ist das Beste. Was man grundsätzlich streichen sollte, ist das Recyceln“, empfahl Hegger. „Das gilt für Baustoffe, Polymere, Kunststoffe. Wenn ich das Material recycle, stecke ich genauso viel Energie rein, als wenn ich das von vorneherein neu mache. Also: Recyceln ist Unsinn.“ Der Experte lobte außerdem die Idee, die Bedeutung von Normen für Gebäude zurückzufahren. Dies sei für klimaschonendes Bauen wichtig: „All die Methoden, die zur Verfügung stehen, um Treibhausgas zu sparen, darf ich im Bauwesen gar nicht anwenden, weil sie noch nicht im Regelwerk stehen.“ Durch den Einsatz heute bereits entwickelter, aber noch nicht genormter Betone und Bewährungen könnte heute schon 50 Prozent Triebhausgas gespart werden.
Fachvortrag vor vollem Haus: Prof. Josef Hegger von der RWTH Aachen lieferte spannende Erkenntnisse.
Haus & Grund sowie BFW NRW: Zwei Verbände, ein Event
Es ist seit vielen Jahren gute Tradition, dass der Landesverband Haus & Grund Rheinland Westfalen und der BFW NRW einen gemeinsamen Parlamentarischen Abend veranstalten. Aus gutem Grund: Private Kleinvermieter und die mittelständische Wohnungs- und Immobilienwirtschaft teilen zahlreiche gemeinsame Interessen. Wie schon in den Vorjahren, so konnte auch in diesem Jahr der NRW-Landtag als Mitveranstalter gewonnen werden. So bot einmal mehr das Restaurant des Landtagsgebäudes den würdigen Rahmen für den Abend – mit Blick auf den Rhein und kurzen Wegen für die teilnehmenden Abgeordneten, die nach der Plenarsitzung auf kurzem Weg zur Veranstaltung gelangen konnten.
„Wir freuen uns, dass zahlreiche Abgeordnete bei unserem Event dabei waren“, sagte Konrad Adenauer nach der Veranstaltung. „So gab es nach einem interessanten Vortragsprogramm noch Gelegenheiten beim Get-Together den Abend angenehm ausklingen zu lassen und mit den Parlamentariern ins Gespräch zu kommen, Erfahrungswerte und Meinungen auszutauschen.“ Impressionen zum Parlamentarischen Abend finden Sie in der untenstehenden Bilderstrecke. Ein Video mit den Höhepunkten des Abends finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
Konrad Adenauer, Präsident von Haus & Grund Rheinland Westfalen, begrüßte die Gäste im Landtag und wies auf wichtige politische Themen hin.
Zu den Gästen zählten unter anderem (jeweils in alphabetischer Reihenfolge):
Mitglieder des Landtages, u.a.:
Dietmar Brockes (FDP)
Tom Brüntrup (CDU)
Angela Freimuth (FDP)
Anke Fuchs-Dreisbach (CDU)
Matthias Goeken (CDU)
Bernhard Hoppe-Biermeyer (CDU)
Jens Kamieth (CDU)
Wilhelm Korth (CDU)
Oliver Krauß (CDU)
Ralf Nolten (CDU)
Thomas Okos (CDU)
Patricia Peill (CDU)
Christof Rasche (FDP)
Jochen Ritter (CDU)
Simon Rock (Grüne)
Ralf Stoltze (SPD)
Simone Wendland (CDU)
Aus der Landesregierung:
Ina Scharrenbach (CDU, MdL), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen
Daniel Sieveke (CDU), Staatssekretär Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung
Aus anderen Verbänden, u.a.:
Simon Adenauer, Leiter Planung und Bauen, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Volker Behr, Vorsitzender Haus & Grund Essen
Walter Eilert, Vorsitzender Haus & Grund Ruhr
Gero Hagemeister, Präsident Steuerberater-Verband e. V. Köln
Rita Maria Jünnemann, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Heike Keilhofer, stellv. Vorsitzende Deutscher Mieterbund NRW
Melanie Kloth, Wohnraumförderung, Wohnungsmarkt und Strategie NRW.BANK
Dr. René Lehmann, Politische Kommunikation, Bauverbände NRW
Markus Lehrmann, Hauptgeschäftsführer Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Oliver Niermann, Abteilungsleiter Interessenvertretung, Wohnungs- und Städtebauförderung, Landesplanung und Raumordnung, VdW Rheinland Westfalen
Andreas Noje, Geschäftsführer Haus & Grund Ruhr
Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen e.V.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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Parlamentarischer Abend 2024 – Impressionen
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