Immer wieder streiten Käufer und Verkäufer von Bestandsimmobilien nach dem Verkauf über Mängel am Gebäude, die bei der Besichtigung nicht sichtbar waren. Wenn der Verkäufer nicht darauf aufmerksam gemacht hat, kann das eine arglistige Täuschung darstellen und eine Rückabwicklung des Verkaufs rechtfertigen. Das zeigt jetzt auch ein besonders krasser Fall aus Rheinland-Pfalz.
Zweibrücken. Wer ein Haus verkauft, das Änderungen an tragenden Bauteilen erfahren hat, muss den Kaufinteressenten unaufgefordert darauf aufmerksam machen. Zu wichtig sind Eingriffe in die Bausubstanz, welche die Statik des Gebäudes betreffen. Wer einen Hinweis darauf unterlässt, begeht eine arglistige Täuschung und muss infolge dessen damit rechnen, dass der Käufer später den Kauf rückabwickeln lassen kann. Das zeigt eine Entscheidung, die das Oberlandesgericht Zweibrücken gefällt hat (Urteil vom 27.09.2024, Az.: 7 U 45/23).
Der konkrete Fall drehte sich um ein Wohnhaus in Pirmasens (Rheinland-Pfalz). Zehn Jahre lang bewohnte ein Ehepaar das Gebäude. Im Laufe dieser Zeit wünschten die Eigentümer sich ein größeres Wohnzimmer. Um es zu schaffen, ließen sie einige tragende Wände im ersten Obergeschoss entfernen – durch eine ausländische Firma. Die Firma stützte die Decke mit zwei Eisenträgern ab, die auf das Mauerwerk aufgelegt und außerdem durch Baustützen abgestützt wurden.
Tragende Wände entfernt, Decke provisorisch abgestützt
Diese teleskopartigen Stützen werden eigentlich auf Baustellen eingesetzt, um Decken während der Bauphase zu stützen – sie sind also allein für den vorübergehenden Einsatz gedacht. Im vergrößerten Wohnzimmer in Pirmasens blieben die Stützen jedoch dauerhaft und wurden einfach mit Blenden verkleidet, so dass diese wenig sachgerechte Konstruktion nicht sichtbar war. Einen Nachweis über die Unbedenklichkeit der Statik des Gebäudes hatten die Eigentümer nicht eingeholt.
Schließlich verkauften die Eheleute das Haus an ein anderes Ehepaar. Die Kaufinteressenten konnten die bauliche Veränderung bei der Besichtigung nicht erkennen und die Verkäufer wiesen sie auch nicht darauf hin. Nachdem die Eheleute das Haus gekauft hatte, wollten sie selbst ein paar Dinge daran umbauen. Sie beauftragten einen Statiker, der feststellen sollte, ob die geplanten baulichen Veränderungen statisch in Ordnung gingen. Der Statiker untersuchte das Haus und stieß auf die improvisierte Konstruktion mit den Baustützen.
Verkäufer müssen auf Veränderungen an der Statik hinweisen
Der Fachmann stellte fest, dass diese Lösung unzulässig und nicht dauerhaft tragfähig war. Das Ehepaar fühlte sich von den Verkäufern arglistig getäuscht und zog vor Gericht, um den Kaufvertrag anzufechten und eine Rückabwicklung des Verkaufs zu erreichen. Genau dazu wurden die Verkäufer schließlich auch vom Oberlandesgericht Zweibrücken verurteilt. Sie hätten die Kaufinteressenten ungefragt über den Eingriff in die Statik des Gebäudes durch die Entfernung tragender Wände informieren müssen, stellte das Gericht fest.
„Erst recht sei darüber aufzuklären gewesen, dass kein Nachweis hinsichtlich der statischen Tragfähigkeit der Stahlträgerkonstruktion vorliege“, berichtet das Gericht über den Fall. Man hätte bei der Gelegenheit auch darüber aufklären müssen, dass eine kaum bekannte ausländische Firma die Arbeiten ausgeführt hatte und keine Unterlagen dazu vorhanden waren. Dass die Käufer das Haus mit einer Bausachverständigen besichtigt hatten, welche den Pfusch ebenfalls nicht erkannte, half den Verkäufern vor Gericht auch nicht weiter.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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