Kleine Kameradrohnen bieten viele interessante Anwendungsmöglichkeiten, auch für Ämter. Aber darf eine Stadtverwaltung damit die Grundstücke ihrer Bürger auskundschaften, um sich die Erhebung von Beiträgen zu erleichtern? Der bayerische Verfassungsgerichtshof sieht dadurch das Grundgesetz verletzt und stoppte die Drohnenpläne einer Stadtverwaltung.
München. Eine Stadtverwaltung darf Wohngrundstücke nicht mit Drohnen auskundschaften, um Fakten zu ermitteln, die für die Erhebung kommunaler Beiträge von Relevanz sind. Mit diesem Vorgehen verstoße die Stadt nämlich gegen das vom Grundgesetz geschützte Persönlichkeitsrecht betroffener Grundeigentümer. Es handele sich um einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Das hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVGH) kürzlich entschieden (unanfechtbarer Beschluss vom 15.02.2024, Az.: 4 CE 23.2267).
Damit holten die Richter die Stadt Neumarkt-Sankt Veit zurück auf den Boden der Verfassung. Die Stadtverwaltung hatte vor, mit einer Kameradrohne über Wohngrundstücke hinwegzufliegen. Dabei wollte man Aufnahmen machen, die zu einer Ermittlung von Geschossflächen der Wohngebäude herangezogen werden sollten. Diese Informationen benötigt die Stadt zur Berechnung der Herstellungsbeiträge, welche sie von den Grundeigentümern für den Anschluss ihrer Gebäude an das Abwassernetz erhebt.
Grundeigentümer klagt erfolgreich gegen Stadt
Einer der Eigentümer, deren Grundstücke überflogen werden sollten, sah seine Privatsphäre verletzt und klagte. Vor dem Verwaltungsgericht München konnte er einen vorläufigen Flugstopp für die städtische Drohne erwirken. Die Stadt legte dagegen Beschwerde vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof ein, kassierte jedoch eine gehörige Watschn. Für die Drohnenbefliegung gibt es keine Rechtsgrundlage, stellten die Verfassungshüter fest. Die Drohnenflüge stellten einen erheblichen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Grundeigentümers dar.
Seine Privatsphäre sei von der Maßnahme betroffen, auch wenn die Stadt sein Gebäude nur von außen aufnehmen wollte. Schließlich könnte die Drohne auch Aufnahmen von Balkonen, Terrassen und Gartenflächen erstellen – samt der Personen, die sich dort aufhielten. Es sei auch nicht auszuschließen, dass durch Glasflächen auch Aufnahmen der Innenräume entstünden, stellten die Richter fest. Das geht nach ihrer Ansicht zu weit.
Generalklausel im Datenschutzgesetz hilft der Stadt nicht weiter
Die Stadt könne sich auch nicht auf die Generalklausel im bayerischen Datenschutzgesetz berufen, die es öffentlichen Stellen erlaubt, personenbezogene Daten von Bürgern zu verarbeiten, wenn sie ihre Aufgaben anders nicht erfüllen können. Das Gesetz schränkt nämlich ein, dass ein solches Vorgehen nur dann zulässig ist, wenn es sich um einen geringfügigen Eingriff in die Rechte der Betroffenen handelt. Das konnte man in diesem Fall nicht erkennen. Die Stadt muss sich jetzt etwas anderes überlegen.
Dieses Urteil ist auch für Grundeigentümer aus Nordrhein-Westfalen interessant: Auch das NRW-Datenschutzgesetz (DSG NRW) beinhaltet eine vergleichbare Generalklausel (§ 3), wonach „die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen zulässig [ist], wenn sie für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe der verarbeitenden Stellen erforderlich ist oder wenn sie in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.“ Da das Grundgesetz auch in NRW gilt, dürfte diese Klausel auch in hier keine Drohnenflüge über Privatgrundstücken rechtfertigen.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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