Halbzeitbilanz der Landesregierung: Was ist schon geschafft?

Nach zweieinhalb Jahren schwarz-gelber Landesregierung in NRW war es im November an der Zeit für eine Halbzeitbilanz. Haus & Grund Rheinland Westfalen traf sich deshalb im Düsseldorfer Landtag zum Gespräch mit den beiden Fraktionsvorsitzenden Bodo Löttgen (CDU) und Christof Rasche (FDP). Lesen Sie heute, wie die Bilanz ausfällt und welche Pläne für den Rest der Legislaturperiode bleiben.

Sprachen über die Halbzeit-Bilanz der schwarz-gelben Landesregierung (von links): der FDP-Fraktionsvorsitzende Christof Rasche und der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen mit dem Präsidenten von Haus & Grund Rheinland Westfalen, Konrad Adenauer, und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya.

Nach zweieinhalb Jahren schwarz-gelber Landesregierung in NRW war es im November an der Zeit für eine Halbzeitbilanz. Haus & Grund Rheinland Westfalen traf sich deshalb im Düsseldorfer Landtag zum Gespräch mit den beiden Fraktionsvorsitzenden Bodo Löttgen (CDU) und Christof Rasche (FDP). Lesen Sie heute, wie die Bilanz ausfällt und welche Pläne für den Rest der Legislaturperiode bleiben.

Düsseldorf. Die CDU/FDP-Koalition ist seit 2,5 Jahren im Amt. Zeit für eine Halbzeitbilanz. Das Wohnraumförderprogramm und insbesondere die Eigentumsförderung sollte weiterentwickelt werden. Hier ist aus dem rot-grünen Sorgenkind ein schwarz-gelbes Erfolgsmodell geworden. Die Mittel für die Eigentumsförderung werden vollumfänglich abgerufen. Die Mietwohnraumförderung hat unverändert weiterhin die attraktiven Tilgungsnachlässe und Zinskonditionen. Wir vermissen aber die Umsetzung in anderen Bereichen.

Die Kappungsgrenzenverordnung und die Mietpreisbegrenzungsverordnung sind bisher nicht aufgehoben worden. Auch die Kündigungssperrfristverordnung oder die Umwandlungsverordnung sind nach wie vor in Kraft. Wie ist der Stand der Dinge? 

Löttgen: Die Regierungskoalition arbeitet daran, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen sowohl auf dem Land, als auch in den Städten bezahlbaren Wohnraum finden können. Die Auswertung der Landesregierung zur Wohnsituation zeigt, dass sich der Wohnungsmarkt zum Teil regional stark verändert. Die NRW-Koalition ist davon überzeugt, dass nur ein Mehr an Wohnraum nachhaltig dazu beiträgt, den Wohnungsmarkt zu entspannen und die Preise zu stabilisieren. 

Rasche: Für uns steht die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum an erster Stelle. Derzeit werden die Verordnungen untersucht, das Ergebnis werden wir uns anschauen und dann entscheiden. Ich bin sicher, dass es zu differenzierten Veränderungen kommen wird.

Zurzeit wird der Vermieter in der öffentlichen Darstellung an den Pranger gestellt und muss die verfehlte Wohnungspolitik ausbaden. Die Reaktion sind Debatten u. a. über Enteignungen, der Einführung bundesweiter Mietendeckel und die Verlängerung des Betrachtungszeitraumes für Mietspiegel. Viele private Vermieter verlieren zunehmend das Interesse, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Wie sehen Sie das?

Löttgen: Die Debatten waren in der jüngeren Vergangenheit zum Teil abstrus. Wer Forderungen nach Enteignungen ernsthaft als geeignetes Mittel gegen Wohnungsnot bezeichnet, handelt schlichtweg verantwortungslos. Dadurch entsteht keine einzige zusätzliche Wohnung! Ganz im Gegenteil. Der aktuelle starke Bedarf an Wohnraum ist das Ergebnis verfehlter rot-grüner Wohnungsbaupolitik. Wer die Flächen verknappt, muss sich nicht wundern, dass die Mieten hoch sind.

Rasche: Wir brauchen gerade die privaten Vermieter, um den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen. Daher nehmen wir deren Sorgen sehr ernst. Die FDP setzt auf Anreize für Investitionen, nur so kann mehr Wohnraum entstehen. Zudem muss Bauen vereinfacht und beschleunigt werden.

Die Lösung der erhöhten Wohnungsnachfrage kann also nur durch den Bau neuer Wohnungen erfolgen. Was gedenkt die Koalition hier zu tun?

Rasche: Wir sind längst dabei. Direkt nach Regierungsübernahme wurde die Landesbauordnung überarbeitet, um die Hürden für den Bau neuer Wohnungen zu senken. Darüber hinaus haben wir die Eigentumsförderung überarbeitet und zu einem wirksamen Instrument umgewandelt. Wir brauchen Flächen, die für Wohnungsbau genutzt werden können. Dazu war die Änderung am Landesentwicklungsplan ein wichtiger Schritt. Auch das Bauen an Bahnstrecken ist ein wichtiges Thema.

Löttgen: Wir stellen mehr Fläche zur Verfügung, dafür ist die angesprochene Landesinitiative „Bauland an der Schiene“ ein gutes Beispiel. Dort haben wir gemeinsam mit den Kommunen schon 2.863 Hektar Fläche im Umkreis von 134 Bahn-Haltestellen als potenzielles Bauland in den Blick genommen. Die Landesregierung hat ein Wohnraumförderungsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 5,5 Milliarden Euro beschlossen - ein klares Bekenntnis zum geförderten Wohnungsbau in NRW.


Entspannte Stimmung nach einem konstruktiven Gespräch im Landtag in Düsseldorf (von links): Dr. Johann Werner Fliescher, Konrad Adenauer, Bodo Löttgen, Christof Rasche und Erik Uwe Amaya.

Wäre es nicht sinnvoll, wenn zur Entlastung der Hotspots entlang der Rheinschiene auch die Mittelzentren und ländlichen Regionen attraktiver werden?

Löttgen: Der von der Regierung Kraft aufgelegte Landesentwicklungsplan vermittelte das Bild, Investitionen seien in Nordrhein-Westfalen nicht erwünscht. Kleine Dörfer auf dem Land durften nicht mehr wachsen, der Druck auf die städtischen Wohnungsmärkte stieg. Diese Blockade haben wir aufgelöst. CDU und FDP stärken bewusst die ländlichen Regionen und entlasten die unter Druck stehenden Städte. Entscheidungen dürfen wieder in den Kommunalparlamenten getroffen werden, Landarztquote und konsequente Weiterarbeiten an flächendeckendem Breitband-Internet verbessern kontinuierlich die Lebensqualität im ländlichen Raum.

Die Landesregierung hat direkt zu Beginn der Wahlperiode eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Freibetrages bei der Grunderwerbsteuer für selbst genutztes Wohneigentum gestartet. Nach mehr als zwei Jahren ist hier noch nichts passiert. Woran liegt das und wann können insbesondere junge Familien mit einer Entlastung rechnen?

Rasche: Unsere Initiative liegt beim Bundesrat. SPD und Grüne könnten dort über die Landesregierungen, an denen sie beteiligt sind, ein Zeichen für junge Familien setzen - das ist bisher leider nicht passiert. Und auch die Große Koalition in Berlin hat es bisher verpasst, den Weg für den Freibetrag freizumachen. Wir werden das Thema weiter vorantreiben.

Der Bund der Steuerzahler hat bei seiner Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge fast 500.000 Unterschriften gesammelt. Zum Vergleich: Das Bündnis „Wir wollen wohnen!“ vom Deutschen Mieterbund, Sozialverbänden und Gewerkschaften in NRW hat lediglich 31.000 Unterschriften für „bezahlbares Wohnen und Mieterschutz“ gesammelt. Die Straßenausbaubeiträge werden nicht abgeschafft. Was spricht dagegen?

Löttgen: Wir geben hier als Land 65 Millionen Euro, um Beitragszahler zu entlasten. Das System einer gemischten Finanzierung aus steuerfinanzierten Mitteln der Allgemeinheit und privaten Mitteln, deren Höhe vom Verhältnis des Vorteils beider abhängt, wollen wir beibehalten. Exponentiell gestiegene Straßenbaukosten verursachen derzeit ein Missverhältnis zwischen erbrachter Leistung und gefordertem Beitrag. Die Leistung, also Straße oder Gehweg, hat sich nicht verändert. Die Höhe, die der Einzelne dafür zu erbringen hat, schon. Die NRW-Koalition erkennt den Handlungsbedarf auf Seiten der Beitragszahler an.

Rasche: Mit unserer Reform des Kommunalabgabengesetzes werden künftig finanzielle Überforderungen verhindert – durch das Recht auf Ratenzahlung, eine praktikable Härtefallregelung und die grundsätzliche Entlastung durch das Landesprogramm in Höhe von 65 Millionen Euro. Das ist der FDP-Fraktion ein besonderes Anliegen. Und wir werden überprüfen, ob wir dieses Ziel auch erreichen.

Was sind die Vorteile der Änderung des Kommunalabgabengesetzes für Eigentümer, die mit Straßenausbaubeiträgen konfrontiert werden?

Rasche: Zwei Aspekte würde ich da hervorheben: 1. Eigentümer müssen künftig frühzeitig einbezogen werden. Das bringt Planungssicherheit. 2. werden in Kommunen, die am Förderprogramm teilnehmen, halbierte Höchstsätze zur Berechnung der Anliegerbeiträge zugrunde gelegt, das ist eine spürbare Ersparnis. Am stärksten ist diese Wirkung, wo bisher die höchsten Sätze fällig wurden.

Löttgen: Neben der finanziellen Entlastung für Eigentümer ist uns wichtig, den „Flickenteppich“ unterschiedlicher Beiträge in den Kommunen im Sinne der Gleichbehandlung zu regeln. Gleiche Leistung muss auch heißen: gleicher Beitrag. Unabhängig von der Finanzkraft einer Gemeinde. Diesem Ziel dienen auch die neuen Reglungen zur Tiefenbegrenzung und für Eckgrundstücke.

Die Grundsteuer muss neu regelt werden. Haus & Grund hat sich stets für das flächenbasierte Modell ausgesprochen. Der Bundestag und der Bundesrat haben entsprechende Beschlüsse gefasst. Nun sind die Bundesländer am Zug. Wird in NRW das Scholz-Modell umgesetzt oder wird von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und eine einfache und transparente Lösung gewählt?

Löttgen: Die vom Verfassungsgericht verlangte Reform der Grundsteuer muss den Kriterien der Rechtssicherheit und der Aufkommensneutralität genügen. Anfang November hat der Bundesrat einer Neuregelung mit Länderöffnungsklausel zugestimmt. Da bedarf es jetzt sorgfältigster Überlegungen, damit ab 2025 die Berechnungen nach einem neuen, möglichst einfachen System erfolgen können.

Rasche: Dass die FDP sich für ein Flächenmodell ausspricht, ist bekannt. Wir werden im guten Miteinander beraten. Diesen Gesprächen möchte ich auch nicht vorgreifen.

Wie ist der Stand der Dinge in Sachen Dichtheitsprüfung. Hier wurde eine Anpassung versprochen. Am 31. Dezember 2020 läuft die nächste Frist ab. Die Zeit drängt also. Wann ist die Neuregelung in der „Pipeline“?

Rasche: Sie haben Recht, vor Ablauf der Frist muss eine gute Lösung stehen, das ist für die FDP-Fraktion ganz klar. Und wir arbeiten an einer zeitnahen Lösung.

Löttgen: Eine verpflichtende Funktionsprüfung privater Abwasserkanäle soll es nur bei Neubauvorhaben, bei wesentlichen baulichen Veränderungen auf Grundstücken und bei begründeten Verdachtsverfällen geben. Wir werden dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag rechtzeitig einlösen.

Die Große Koalition in Berlin ist nicht für eine harmonische Zusammenarbeit bekannt. Wie läuft das gemeinsame Regieren in Düsseldorf?

Löttgen: Am schönsten hat es beim NRW-Sommerfest in Berlin die Kanzlerin gesagt: Angela Merkel hat der NRW-Koalition - unter besonderer Erwähnung des Koalitionspartners – vor Tausenden Gästen ein großes Lob ausgesprochen und die erfolgreiche und geräuschlose Regierungsarbeit hervorgehoben. Dann meinte sie, das sei „beruhigend“ und das versuche sie in Berlin in der GroKo nachzueifern. Die Zusammenarbeit zwischen CDU und FDP ist von Freundschaft und Vertrauen geprägt. Und nicht zuletzt sind wir die einzig verbliebene echte „Koalition der Mitte“ in Deutschland.

Rasche: Wir arbeiten harmonisch, vertrauensvoll und mit großem Verständnis für die Anliegen des Partners zusammen. Bei allen Entscheidungen unserer Koalition stehen die Menschen in unserem Land im Vordergrund. Und wir haben in der ersten Hälfte der Legislaturperiode viel erreicht und noch viel gemeinsam vor. FDP und CDU in NRW, das ist ein Beispiel für eine echte Reformkoalition.

Herr Löttgen, Herr Rasche, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Gespräch führten der Präsident von Haus & Grund Rheinland Westfalen, Konrad Adenauer, Vizepräsident Dr. Johann Werner Fliescher und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

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