Hauseigentümer spüren es schon länger: Wer eine kleinere Umbaumaßnahme oder eine Modernisierung machen möchte, findet nur noch schwer einen Handwerker dafür. Die Betriebe arbeiten an der Kapazitätsgrenze und können sich die lukrativsten Aufträge aussuchen. Wachstum im Handwerk bleibt trotzdem aus – weil der Nachwuchs fehlt. Die KfW sieht darin inzwischen ein ernstes Problem beim Wohnungsbau.
Frankfurt. Der Mangel von Fachkräften auf dem Bau wird immer mehr zum Problem für den Wohnungsmarkt. Vom Fachkräftemangel erzeugte Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft sind ein wesentlicher Grund für den zu schleppenden Neubau von Wohnraum – neben dem Mangel an Bauland. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), über die verschiedene Medien berichten.
Die Macher der Studie weisen vor allem auf den hohen Bauüberhang hin: Derzeit gibt es demnach 653.000 genehmigte Wohnungen in Deutschland, die noch auf ihre Errichtung warten. Diese Zahl ist in den letzten zehn Jahren immer weiter angestiegen. Bauwillige gäbe es also genug und die Auftragsbücher der Baufirmen sind tatsächlich voll – doch mit dem Abarbeiten der Aufträge kommen die Unternehmen nicht nach.
Im Bauhauptgewerbe können die Arbeitgeber zwar noch einiges auffangen, indem sie die Arbeiter aus dem Ausland anheuerten. Großer Mangel herrscht dagegen im Bauhandwerk. Besonders fehlt es demnach an Handwerkern im Bereich Heizung, Klima und Sanitär. Das hat die KfW anhand von Arbeitsmarktdaten ermittelt – in diesem Bereich seien besonders viele Stellen bei der Bundesagentur für Arbeit dauerhaft als unbesetzt gemeldet. Dabei fehlt es vor allem, aber längst nicht mehr ausschließlich an Meistern.
Dem Handwerk fehlen bis zu 250.000 Fachkräfte
Insgesamt fehlen aktuell in Deutschland etwa 150.000 Fachkräfte im Handwerk. Und womöglich ist selbst diese Zahl noch zu gering angesetzt. Viele Betriebe meldeten ihre offenen Stellen gar nicht mehr, so dass man – diese Dunkelziffer eingerechnet – von 200.000 bis 250.000 fehlenden Fachleuten ausgehen müsse, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
In der Konsequenz müssen Kunden immer länger auf einen Handwerker warten – inzwischen sind auch Stammkunden nicht mehr davor sicher. Die Handwerker erledigten Notfälle zwar weiterhin sofort – also etwa den Rohrbruch im Keller oder die vom Sturm weggefegten Dachziegel. Bei einer geplanten Modernisierung müsse man dagegen mit zehn bis zwölf Wochen Wartezeit rechnen, erklärte Wollseifer.
Problem bleibt auf lange Sicht: Handwerker finden keinen Nachwuchs
Für die nächsten eineinhalb bis zwei Jahre erwartet er auch keine Besserung der Lage, denn zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres sind aktuell noch immer etwa 30.000 Lehrstellen im unbesetzt. Bis Ende September wird sich daran zwar noch etwas ändern, aber Wollseifer rechnet laut FAZ damit, dass am Ende trotzdem noch 20.000 Ausbildungsplätze leer bleiben. Dem Handwerk fehlt der Azubi-Nachwuchs, weil es immer weniger Schulabgänger gibt und davon eine immer größere Zahl ein Studium der Ausbildung vorzieht.
Die KfW geht davon aus, dass in diesem Jahr etwa 300.000 neue Wohnungen in Deutschland fertig werden – das sind trotz aller Schwierigkeiten so viele wie noch nie in diesem Jahrtausend. Letztes Jahr waren es noch rund 285.000 gewesen. Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass bis zum Jahr 2020 jährlich 350.000 bis 400.000 Wohnungen nötig wären, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Dass der Neubau diese hohen Zahlen erreichen kann, scheint angesichts der Personalprobleme im Bauhandwerk reichlich unrealistisch.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland verfasst.