Ina Scharrenbach: „Innenstädte und Zentren sind das Gesicht, sind das Herz unserer Städte“

Seit 100 Tagen ist die schwarz-grüne NRW-Landesregierung jetzt im Amt. Was in der Zeit bereits passiert ist: Zum Start in die neue Legislaturperiode hat sich die alte und neue NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) Zeit genommen für ein Spitzengespräch mit Landesverbandspräsident Konrad Adenauer und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya. Hier ist nachzulesen, worum es dabei ging.

Präsident Konrad Adenauer (links) und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya (rechts) zu Besuch bei NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU).

Seit 100 Tagen ist die schwarz-grüne NRW-Landesregierung jetzt im Amt. Was in der Zeit bereits passiert ist: Zum Start in die neue Legislaturperiode hat sich die alte und neue NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) Zeit genommen für ein Spitzengespräch mit Landesverbandspräsident Konrad Adenauer und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya. Hier ist nachzulesen, worum es dabei ging.

Haus & Grund: Wir gratulieren Ihnen zur erneuten Ernennung als Ministerin und freuen uns auf die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit. Wie verliefen die ersten Wochen im neuen Bündnis zwischen CDU und Grünen?

Ina Scharrenbach: Haben Sie vielen Dank. Auch ich freue mich, dass wir unsere Zusammenarbeit mit Haus & Grund fortführen können, insbesondere bei der Schaffung von Wohnraum, wie wir es im Rahmen unserer Allianz für mehr Wohnungsbau in den letzten Jahren angegangen sind. Für die kommenden fünf Jahre haben wir mit dem Zukunftsvertrag ein starkes Fundament geschaffen, um gemeinsam etwas zu bewegen in Nordrhein-Westfalen.

Haus & Grund: Noch vor der Landtagswahl haben Sie gemeinsam mit der FDP eine neue Förderrichtlinie zur vollständigen Entlastung bei den Straßenausbaubeiträgen auf den Weg gebracht. Im Koalitionsvertrag mit den Grünen haben Sie die Abschaffung vereinbart. Was planen Sie hier genau?

Scharrenbach: 50 Prozent Entlastung plus 50 Prozent Entlastung, gleich null Beitrag für Bürgerinnen und Bürger. Mit der Förderung über die Doppelspur hat das Land Nordrhein-Westfalen eine vollständige Entlastung beitragspflichtiger Grundstückseigentümer bei kommunalen Straßenausbaumaßnahmen erreicht. Das gibt uns bei der vollständigen Abschaffung der Gebühren nun die Gelegenheit, verschiedene Ansätze für Regelungen umfassend zu prüfen und zu bewerten, ohne einen Schnellschuss abgeben zu müssen.

Haus & Grund: Die Grunderwerbsteuer ist eine hohe Hürde beim Erwerb vom selbstgenutztem Eigentum. Vor den Landtagswahlen haben CDU und FDP eine Förderung über die NRW.Bank auf den Weg gebracht. Wie soll es hier nun weitergehen?

Scharrenbach: Dass die Förderung von Wohneigentum über das Programm „NRW.Zuschuss Wohneigentum“ jetzt startet, hilft denen, die ein Haus bauen wollen. Vor allem für junge Familien ist das Programm eine Unterstützung. Mit Stand im Juni hatten sich schon rund 16.000 Bürgerinnen und Bürger online registriert. Die hohe Nachfrage zeigt: Die eigenen vier Wände sind für viele Menschen nach wie vor Wunschtraum und Lebensziel. Dabei unterstützt sie die Landesregierung Nordrhein-Westfalen ganz gezielt mit Förderungen und der Verbesserung der Rahmenbedingungen. Das neue Programm – in dem Fall aus der Hand vom Finanzministerium und der NRW.Bank – ist hier ein weiterer wichtiger Baustein und sicher nicht der letzte, mit dem wir bezahlbares Wohneigentum ermöglichen wollen.

Haus & Grund: Die soziale Wohnraumförderung ist ein wichtiges Instrument zur Schaffung neuen Wohnraums. Im Koalitionsvertrag bekennen sich CDU und Grüne nicht nur zur Mietwohnraumförderung, sondern auch zur Eigentumsförderung. Haben Sie schon Pläne für weitere Anpassungen?

Scharrenbach: Wir werden die Mittel für den öffentlich-geförderten Wohnungsbau mindestens auf dem Niveau der vorangegangenen Legislaturperiode, also mindestens 5,5 Milliarden Euro bis 2027, halten. Damit ist Planbarkeit für die Investoren gegeben. Wir werden prüfen, ob wir einen speziellen Förderbaustein für Werkwohnungen über die öffentliche Wohnraumförderung anbieten, um gezielt Unternehmer darin zu unterstützen, Wohnungen für die Mitarbeiter zu schaffen. Und wir müssen vorankommen bei Studenten- und Azubiwohnungen. Öffentlich-geförderter Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen ist heute ein bezahlbares Wohnen für Menschen mit kleinem Geldbeutel, das sich mit innovativen Bauverfahren, energetischen Sanierungen auch immer klar zum Klimaschutz bekennt. Hier sind wir Vorreiter und wollen dies auch bleiben. Aktuell stehen wir auf Grund von Krieg und den Folgen der Corona-Pandemie in der Baubranche vor besonderen Herausforderungen. Auch hier passen wir unsere Politik immer wieder an die Gegebenheiten an. Damit begonnene Baustellen trotz steigender Preise fertiggestellt werden können, machen wir jüngst bei geförderten Wohnbauprojekten aus 2021 Nachbewilligung möglich. Bis zu 20 Prozent können auf das ursprüngliche Gesamtdarlehen aus 2021 aufgestockt werden, der Tilgungsnachlass erhöht sich entsprechend. Dies gilt für alle Maßnahmen, Mietwohnungsneubau, Modernisierung und selbstgenutztes Eigentum. Für uns gilt: Wer in Nordrhein-Westfalen bezahlbaren Wohnraum schafft, kann auch in herausfordernden Zeiten auf die Landesregierung bauen.

Haus & Grund: Die NRW-Mieterschutzverordnung soll zeitnah erneuert werden. Was wird da auf
die privaten Vermieter zukommen?

Scharrenbach: Die aktuelle Mieterschutzverordnung läuft 2025 aus. Wir werden vorher ein neutrales Gutachten einholen, das aufzeigen wird, ob die Gebietskulisse für die Mitpreisbremse ausgeweitet werden muss und sie dann in der Konsequenz mehr Städte in Nordrhein-Westfalen umfasst.

Haus & Grund: Worauf müssen sich Hauseigentümer bei der geplanten Solaranlagen-Pflicht einstellen?

Scharrenbach: Wir werden auf Landesebene schrittweise eine umfassende Solarpflicht einführen. Darauf haben wir uns mit unserem Koalitionspartner geeinigt. Private Neubauten werden ab 2025 verpflichtend Photovoltaik auf dem Dach mitplanen müssen. Für den, der sein privates Dach umfassend sanieren will, soll die Pflicht ab dem 1. Januar 2026 gelten.

Haus & Grund: Nach dem Energieausweis kommt nun der digitale C02-Gebäudepass. Soll der Pass nur für Neubauten gelten, oder hat man etwa auch Bestandsgebäude im Blick?

Scharrenbach: CDU und Grüne haben sich mit dem Zukunftsvertrag vorgenommen, einen digitalen CO2-Gebäudepass als Pilotprojekt zu entwickeln. Hintergrund ist, dass neben dem CO2-Verbrauch im laufenden Betrieb eines Gebäudes, zunehmend auch der Erstellungsprozess in den Fokus genommen wird. Daher wollen wir hier als Bauministerium Pionierarbeit leisten, da in Nordrhein-Westfalen die Bauwirtschaft zur Schlüsselindustrie zählt.

Haus & Grund: Haus & Grund Rheinland Westfalen hat schon seit Jahren die Initiative der Galabau NRW „Rettet den Vorgarten“ unterstützt. Welche Anpassungen sind beim Verbot von Schottergärten geplant?

Scharrenbach: Ein Schottergarten ist bereits heute über die Landesbauordnung in Nordrhein-Westfalen verboten und eine Kommune hat vielfältige Möglichkeiten, dafür Sorge zu tragen, einem weiteren Ausufern von Schottergärten entgegenzuwirken. Ganz niederschwellig zum Beispiel über Pflanzgutscheine und Infoflyer. Aber auch mit härteren Bandagen über Vorgartensatzungen und Bebauungspläne. Denn das Klima in einer Stadt und die Artenvielfalt entscheiden sich auch in jedem einzelnen Vorgarten. Zugepflasterte Grundstücke, die vermeintlich Gartenarbeit ersparen, passen nicht. Weder gestern noch heute, und auch nicht morgen. Es wird deshalb eine Änderung der Bauordnung geben, um das schon bestehende Verbot von Schottergärten noch einmal nachzuschärfen.

Haus & Grund: Lebendige Innenstädte sind wichtig. Während der Corona-Pandemie sind viele Geschäfte und Restaurants geschlossen worden und haben viele Leerstände hinterlassen. Wie sollen sich diese in Zukunft entwickeln?

Scharrenbach: Innenstädte und Zentren sind das Gesicht, sind das Herz unserer Städte und Gemeinden. Dieses Gesicht wird sich zukünftig verändern. Die Marktplätze des 21. Jahrhunderts werden unter anderem Einzelhandel, Gastronomie, Zentren der Begegnung, der Naherholung sein. Die Corona-Pandemie hat den Strukturwandel im Einzelhandel und in unseren Innenstädten noch einmal beschleunigt. Um hier gezielte Anreize setzen zu können, fördern wir im Rahmen des „Sofortprogramms zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren“ die Anmietung und vergünstigte Weitervermietung von Ladenlokalen durch Kommunen. Darüber hinaus kann gerade in Randlagen von Innenstädten auch in der dauerhaften Umnutzung ehemaliger Ladenlokale eine Chance liegen – hierüber kann zum Beispiel die Wohnnutzung in Innenstädten gestärkt werden. Den Rahmen für eine lebendige und belebte Innenstadt bildet ein attraktives Umfeld. Hierbei spielen öffentliche Räume und Strukturen, die Aufenthaltsqualitäten bieten, sowie Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung eine entscheidende Rolle. Und nicht zuletzt muss eine lebendige Innenstadt erreichbar für alle sein.

Haus & Grund: Die Stellplatzverordnung soll laut Koalitionsvertrag im Sinne einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung überprüft werden. Welches Ziel wird hier verfolgt?

Scharrenbach: Mit dem 1. Juli ist die Verordnung über Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder in Kraft getreten. Sie verfolgt das Ziel, die notwendige Stellplatzpflicht als verkehrspolitisch sinnvolles Instrument beizubehalten. Allerdings so erweitert, dass es darüber hinaus auch als ein Anreizsystem für Mobilitätsmanagementmaßnahmen wie ÖPNV- oder SPNV-Ticketing, CarSharing oder weitere Angebote zur Förderung der Nahmobilität zum Einsatz kommen kann. Um zukünftigen Mobilitätskonzepten und den daraus erwachsenden Vorteilen Rechnung zu tragen, sieht die Verordnung beispielsweise vor, dass der notwendige Stellplatzbedarf für Kraftfahrzeuge verringert werden kann, sofern ein Konzept zur bewussten Vermeidung des individuellen motorisierten Verkehrs vorliegt. Kurzum: Mit der Verordnung werden auch alternative Mobilitätskonzepte jenseits des Autos ganz bewusst möglich gemacht.

Haus & Grund: Frau Ministerin, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führten Präsident Konrad Adenauer und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya vom Landesverband Haus & Grund Rheinland Westfalen. Vizepräsident Dr. Johann Werner Fliescher war leider aus persönlichen Gründen kurzfristig verhindert.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

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