Mieter zahlten 800 Mark Mietkaution – und bekommen 115.000 Euro zurück

Die Mietkaution wird meist auf einem Sparkonto angelegt – doch auch eine Anlage in Aktien ist möglich. In Zeiten niedriger Zinsen erscheint das ziemlich attraktiv. Ein spektakulärer Fall aus Köln zeigt jetzt, welche Folgen das haben kann: Der Erbin von Mietern, die 1960 eine Kaution von 800 Mark gezahlt hatten, muss ein Vermieter jetzt wohl Aktien im Wert von 115.000 Euro herausgeben.

Ein langjähriges Mietverhältnis endet: War die Kaution in Aktien angelegt, kann es jetzt einen Geldregen für die Mieter geben.

Die Mietkaution wird meist auf einem Sparkonto angelegt – doch auch eine Anlage in Aktien ist möglich. In Zeiten niedriger Zinsen erscheint das ziemlich attraktiv. Ein spektakulärer Fall aus Köln zeigt jetzt, welche Folgen das haben kann: Der Erbin von Mietern, die 1960 eine Kaution von 800 Mark gezahlt hatten, muss ein Vermieter jetzt wohl Aktien im Wert von 115.000 Euro herausgeben.

Köln. Nach dem Ende des Mietverhältnisses steht dem Mieter die Rückzahlung der Kaution zu – und zwar inklusive der Erträge, die durch die zwischenzeitliche Anlage des Geldes aufgelaufen sind. Das sind typischerweise die Zinsen des Sparkontos. Wurde die Kaution allerdings in Aktien angelegt, sind diese inklusive der zwischenzeitlich aufgelaufenen Dividenden und Kursgewinne an den Mieter auszugeben. Anderslautende Klauseln im Mietvertrag sind unwirksam. Das hat zumindest das Kölner Amtsgericht jetzt entschieden (Urteil vom 19.07.2022, Az.: 203 C 199/21).

Der Fall hat eine lange Vorgeschichte. Ein Ehepaar hatte im Jahr 1960 eine Wohnung in Köln gemietet und dafür eine Mietkaution von 800 Mark gezahlt. Der Vermieter – eine Wohnungsgesellschaft – hatte sich im Mietvertrag das Recht vorbehalten, die Kaution in Aktien anzulegen. Davon machte das Unternehmen auch tatsächlich Gebrauch. Im Jahr 2005 zog das Ehepaar in eine andere Wohnung der gleichen Gesellschaft um.

Langjähriges Mietverhältnis erlaubte hohe Kursgewinne

Die Kaution wurde dabei umgerechnet in 409 Euro und als Mietsicherheit für die neue Wohnung hergenommen. Im Jahr 2018 endete der inzwischen 58 Jahre alte Mietvertrag, nachdem beide Eheleute verstorben waren. Die Tochter forderte nun als Erbin ihrer Eltern von der Wohnungsgesellschaft die Rückgabe der Mietkaution. Im Mietvertrag stand, bei Anlage in Aktien könne der Vermieter am Ende des Mietverhältnisses wählen, ob er den eingezahlten Kautionsbetrag oder die Aktien herausgibt.

Das Unternehmen entschied sich für die erstere Lösung und überwies der Erbin 409 Euro. Die Aktien hatten sich allerdings gut entwickelt und zwischenzeitlich einen Wert von 115.000 Euro erreicht. Daher zog die Erbin vor Gericht, um auf eine Herausgabe der Aktien zu klagen. Mit Erfolg: Das Amtsgericht Köln verurteilte die Wohnungsgesellschaft tatsächlich dazu, die Aktien im Wert von 115.000 Euro an die Erbin abzutreten.

Vermieter muss Aktien herausgeben

Das Gericht erklärte die Wahl-Klausel im Mietvertrag für unwirksam, weil sie dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) widerspreche. Darin ist nämlich in Paragraph 551 geregelt, dass dem Mieter nach dem Ende des Mietverhältnisses die Mietsicherheit inklusive ihrer Erträge zusteht – und zwar unabhängig davon, welche Anlageform gewählt wurde. Zu diesen Erträgen zählen bei Anlage in Aktien nicht nur gezahlte Dividenden, sondern auch angefallene Kursgewinne.

Diese gesetzliche Regelung kann nicht durch abweichende Vereinbarungen im Mietvertrag unterlaufen werden, stellte das Gericht fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Wohnungsgesellschaft kann vor dem Landgericht in Berufung gehen. Der Fall ist gerade auch deshalb besonders interessant, weil die lange Niedrigzinsphase in den letzten Jahren die Anlage von Mietkautionen in Aktien zunehmend attraktiver hat erscheinen lassen. So ist diese Lösung heute nicht mehr ganz so außergewöhnlich wie im Jahr 1960.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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