Pächter entfernt tragende Wand: Haftet der Teileigentümer dafür?

Pächter entfernt tragende Wand: Haftet der Teileigentümer dafür?

Mieter von gewerblichen Objekten müssen vor dem Einzug mitunter einiges umbauen. So ist etwa eine Lüftungsanlage einzubauen, wenn aus einem Ladenlokal eine Shisha-Bar werden soll. Doch was ist, wenn das Geschäftslokal eine Teileigentumseinheit in einer Wohnungseigentumsanlage ist und der Pächter ohne Rücksprache mit dem Teileigentümer einfach zur Tat schreitet?

Mieter von gewerblichen Objekten müssen vor dem Einzug mitunter einiges umbauen. So ist etwa eine Lüftungsanlage einzubauen, wenn aus einem Ladenlokal eine Shisha-Bar werden soll. Doch was ist, wenn das Geschäftslokal eine Teileigentumseinheit in einer Wohnungseigentumsanlage ist und der Pächter ohne Rücksprache mit dem Teileigentümer einfach zur Tat schreitet?

Karlsruhe. Wer als Teileigentümer eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum vornehmen will, braucht dafür einen zustimmenden Beschluss der Eigentümerversammlung. Andernfalls kann die Gemeinschaft später den Rückbau von ihm verlangen. Dabei müssen Teileigentümer mitunter auch für eigenmächtige Umbauarbeiten durch ihre Pächter haften. Die Frage, ob ein Anspruch auf die Baumaßnahme bestanden hätte, wenn man eine Beschlussfassung angestrengt hätte, spielt seit der WEG-Reform keine Rolle mehr. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urteil vom 21.03.2025, Az.: V ZR 1/24).

Der konkrete Fall drehte sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Frankfurt am Main. In dem Haus befindet sich im Erdgeschoss auch eine Gewerbeeinheit, die früher als Restaurant genutzt wurde. Im Jahr 2020 sollte dort eine Shisha-Bar einziehen, was einige Umbauten erforderte. Diese nahm die Pächterin auch einfach gleich in die Hand: Ohne statische Berechnungen vornehmen zu lassen, entfernte man kurzerhand eine tragende Wand. Im Juli 2021 ließ die Pächterin eine Lüftungsanlage installieren, wofür Durchbrüche durch die Fassade und die Zwischendecke zum Keller hin vorgenommen wurden.

Nachdem die Lüftungsanlage im Februar 2022 schließlich fertig war, eröffnete die Shisha-Bar im April. Gegen die nicht autorisierten baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum zog die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) vor Gericht: Sie verlangte vom Teileigentümer der Gewerbeeinheit, die Umbauten rückgängig zu machen. Immerhin hatten sich in Wohnungen und im Treppenhaus Haar- und Setzrisse gezeigt, nachdem die tragende Wand entfernt worden war. Zwischenzeitlich hatte das sogar einen Baustopp zur Folge, welchen das Bauaufsichtsamt verhängt hatte.

Pächter entfernt tragende Wand – Eigentümer haftet

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den Teileigentümer tatsächlich zum Rückbau der Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, das Landgericht bestätigte das Urteil. Der Bundesgerichtshof (BGH) schloss sich den Vorinstanzen am Ende teilweise an. Die Bundesrichter stellten fest, dass in diesem Fall auf die verschiedenen Baumaßnahmen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen anzuwenden sind: Der Einbau der Lüftungsanlage mit den dazu gehörenden Durchbrüchen war nach der WEG-Reform erfolgt, die im Dezember 2020 in Kraft getreten ist (wir berichteten).

Die Reform regelte bauliche Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum neu: Seither müssen Einzeleigentümer für jedwede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum einen Beschluss durch die Eigentümerversammlung einholen, um sich die Maßnahme erlauben zu lassen. Das muss vor dem Beginn der Bauarbeiten passieren. Die Pflicht gilt auch für solche Maßnahmen, durch die keiner der anderen Eigentümer im Haus beeinträchtigt wird. Wer sich nicht daran hält, von dem kann die Gemeinschaft den Rückbau verlangen – selbst, wenn ihm eine Gestattung der Maßnahme rechtlich zugestanden hätte.

Vor diesem Hintergrund bestätigte der BGH die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Gemeinschaft in diesem Fall in der Tat vom Teileigentümer der Gewerbeeinheit verlangen konnte, die Lüftungsanlage zurückzubauen und die Mauerdurchbrüche wieder zu verschließen. Davor schützt ihn auch nicht die Tatsache, dass seine Pächterin auf eigene Faust gehandelt hatte: Das Landgericht hatte festgestellt, dass der Eigentümer von der Baumaßnahme der Pächterin gewusst hatte, aber nicht dagegen eingeschritten war. Daher musste er sich das Vorgehen seiner Pächterin zurechnen lassen und die Haftung dafür übernehmen, entschied der BGH.

Rechtslage vor der WEG-Reform anders

Auch die Tatsache, dass der Teileigentümer ein Beschlussersetzungsverfahren angestrengt hatte, um die nötige Beschlusslage herbeizuführen, half ihm nicht: Er war diesen Schritt erst während des Berufungsverfahrens gegangen und nicht bereits während des Prozesses vor dem Amtsgericht. Das war zu spät, stellte der BGH fest. Dieses Verfahren konnte den Prozess nicht aufhalten, weil es auf die Frage, ob ein Gestattungsanspruch bestanden hätte, nach den Regelungen der WEG-Reform gar nicht ankam.

Etwas anders stellte sich die Sache allerdings mit Blick auf die entfernte Wand dar: Diese Baumaßnahme war schon vor der WEG-Reform erfolgt und daher nach altem Recht zu beurteilten, entschied der BGH. Damals konnte der Rückbauwunsch der Gemeinschaft in der Tat daran scheitern, dass ein rechtlicher Anspruch auf die Baumaßnahme bestand. Ob es in diesem Fall einen solchen Anspruch gab, muss jetzt geklärt werden – dazu verwies der BGH den Fall zurück an die Vorinstanz. Sollte die Standsicherheit des Hauses auch ohne die Wand gewährleistet sein, wäre die Maßnahme für die anderen Eigentümer nicht von Nachteil und ein Anspruch auf die Durchführung zu bejahen.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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