Sind Beleidigungen unter Wohnungseigentümern vor Gericht eine WEG-Sache?

Beleidigungen unter Wohnungseigentümern

Streit zwischen Nachbarn beschäftigt immer wieder die Gerichte. Nicht selten liegen sich Wohnungseigentümer in den Haaren. Wenn es unter ihnen zu Beleidigungen kommt, sind diese von den Gerichten als WEG-Sache zu betrachten, solange man sich auf der Eigentümerversammlung beschimpft hat. Aber wer ist für Beleidigungen bei zufälligen Begegnungen zuständig?

Streit zwischen Nachbarn beschäftigt immer wieder die Gerichte. Nicht selten liegen sich Wohnungseigentümer in den Haaren. Wenn es unter ihnen zu Beleidigungen kommt, sind diese von den Gerichten als WEG-Sache zu betrachten, solange man sich auf der Eigentümerversammlung beschimpft hat. Aber wer ist für Beleidigungen bei zufälligen Begegnungen zuständig?

Karlsruhe. Beleidigen sich zwei Wohnungseigentümer gegenseitig, handelt es sich nicht um eine WEG-Sache. Das Gerichtsverfahren um die Ehrverletzungen ist daher nicht von der für WEG-Sachen zuständigen Kammer zu führen. Das gilt aber nur dann, wenn die Beleidigungen nicht auf einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung gefallen sind. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung weiter präzisiert (Urteil vom 22.09.2023, Az.: V ZR 254/22).

Das Urteil fiel im Streit zweier Ehepaare aus Hamburg, die je eine Doppelhaushälfte desselben Doppelhauses besitzen und eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden. Ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis pflegen sie allerdings nicht, im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu Streitigkeiten, die auch vor Gericht ausgetragen wurden. Sogar über die Frage, wer die Regenrinnen auf dem Vorplatz des Carports zu reinigen hat, bekamen sich die Eigentümer dermaßen in die Wolle, dass die Sache vor Gericht geklärt werden musste.

Dauerfehde zwischen Nachbarn

Eines der beiden Eigentümerehepaare wurde von der Justiz zur Reinigung der Rinne verpflichtet, war von dem Urteil allerdings nicht sonderlich erbaut. Als die Ehemänner sich etwas später auf dem Vorplatz begegneten, nannte der Prozessverlierer seinen Nachbarn einen Idioten und eine Lachfigur. Der beleidigte Nachbar, von Beruf Richter am Amtsgericht, wollte sich das nicht gefallen lassen und ließ seinen Anwalt eine Abmahnung an den Nachbarn schicken. Der gab daraufhin auch eine Unterlassungserklärung ab.

Dazu verfasste sein Anwalt allerdings ein Begleitschreiben mit Gegenvorwürfen: Sein Mandat sei vom Nachbarn an jenem Tag geduzt worden. Außerdem hätte der Amtsrichter ihn „unflätig bepöbelt“ und ihm sogar ein weiteres Gerichtsverfahren angedroht. Der Amtsrichter verklagte seinen Nachbarn wegen des Schreibens auf Unterlassung dieser Behauptungen, die er bestritt. Das Landgericht Hamburg wollte dazu gar nicht entscheiden, weil der Streitwert nicht einmal 600 Euro erreiche.

Das sah der Bundesgerichtshof (BGH) anders und verdonnerte das Hamburger Gericht dazu, in der Sache zu entscheiden. Daraufhin befand das Landgericht, die Äußerungen im fraglichen Schreiben stellten keine Ehrverletzung da, so dass es kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gäbe, welches es rechtfertigen könnte, den Beklagten zur Unterlassung zu verurteilen. Der Amtsrichter klagte gegen diese Entscheidung mit dem Argument, die Entscheidung sei nicht von der für WEG-Sachen zuständigen Kammer getroffen worden.

BGH: Beleidigung im Vorgarten ist keine WEG-Sache

Aber hätte dieser Fall überhaupt vor die Kammer für WEG-Fragen gehört? Das musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Der hatte bisher nur höchstinstanzlich klargestellt, dass Beleidigungen unter Wohnungseigentümern dann eine WEG-Sache darstellen, wenn sie auf einer Eigentümerversammlung oder einer Beiratssitzung geäußert wurden. Also in einem offiziellen Gremium der Eigentümergemeinschaft. Gilt das auch für Beleidigungen, die bei einem zufälligen, informellen Aufeinandertreffen auf dem Grundstück fallen?

Nein, entschied Karlsruhe. Auch dadurch, dass man sich im Zuge eines Streits beleidigt, der seinen Ursprung in Meinungsverschiedenheiten über eine Frage der Hausgemeinschaft hatte, wird das Gerichtsverfahren um die Beleidigung nicht zu einer WEG-Sache und muss daher auch nicht von der für WEG-Recht zuständigen Kammer des Gerichts verhandelt werden. Der BGH stimmte der Vorinstanz außerdem in ihrer inhaltlichen Beurteilung der Lage zu, dass in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nach seiner Veröffentlichung nicht mehr aktualisiert wird. Das Veröffentlichungsdatum ist über der Überschrift angegeben.

zurück zum News-Archiv

Folgende Produkte der Haus & Grund Rheinland Westfalen Verlag und Service GmbH könnten Sie interessieren:

Nachbarstreit im Wohnungseigentum

16.95 € * Inkl. 7.00 % MwSt.
Details

Streit mit dem WEG-Verwalter

16.95 € * Inkl. 7.00 % MwSt.
Details

Streit im Mehrfamilienhaus

21.95 € * Inkl. 7.00 % MwSt.
Details
* Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer zzgl. Versandkosten