Nach 400.000 neuen Wohnungen im Jahr – bislang unerreicht – hat die Bundesregierung jetzt ein neues ehrgeiziges Ziel ausgerufen: Schon ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 neue Wärmepumpen in Deutschland in Betrieb gehen. Ist das zu schaffen? Ein Blick auf aktuelle Zahlen zum Wärmepumpen-Boom und der Entwicklung der Fördermittel gibt zu Skepsis Anlass.
Berlin. Schon ab dem kommenden Jahr sollen in Deutschland 500.000 Wärmepumpen im Jahr installiert werden. Dieses ehrgeizige Ziel hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern (7. März 2023) auf einer Tagung des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) ausgegeben. In dem Verband sind vor allem Stadtwerke organisiert. Mit seinem Auftritt stellte sich der Kanzler hinter die Pläne des ebenfalls anwesenden Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck (Grüne), der schnellstmöglich Öl- und Gasheizungen abschaffen möchte (wir berichteten).
Habeck bekräftigte dieses Vorhaben auf der Veranstaltung als alternativlos. Zugleich versprach er, die Pläne zur Heizungswende sollten durch eine „große sozialpolitische Unterstützungsmaßnahme“ begleitet werden – jedenfalls so lange, wie Wärmepumpen deutlich teurer seien als Gasthermen. In den Medien wird Habeck dahingehend zitiert, es solle eine öffentliche Bezuschussung der Wärmepumpen für solche Haushalte geben, die sich aus eigener Kraft den Umstieg nicht leisten könnten. Konkreter wurde der Minister nicht, so dass der genaue Umfang der möglichen Unterstützung vorerst unklar bleibt.
Wärmepumpe boomt: Ausbauziel trotzdem sehr ambitioniert
Klar ist dagegen: Das Ziel von 500.000 Wärmepumpen im Jahr ist sehr ambitioniert – auch wenn die Wärmepumpe schon heute boomt (wir berichteten). Das zeigen die neuesten Zahlen, die Habecks Ministerium jetzt veröffentlicht hat: Demnach sind im Jahr 2022 in Deutschland mit den Mitteln der öffentlichen Förderung rund 200.000 Wärmepumpen im Gebäudebestand installiert worden – also nicht einmal die Hälfte dessen, was schon ab nächstem Jahr geleistet werden soll. Allerdings ist auch die Steigerungsrate erheblich: Im Jahr 2021 waren es nach Angaben des Ministeriums erst 53.000 Wärmepumpen gewesen.
In den 200.000 Stück fehlen außerdem noch die neuen Wärmepumpen in Neubauten. Eine Gesamtzahl lieferte den Medien unterdessen der Bundesverband Wärmepumpe (BWP): Nach dessen Angaben wurden in Deutschland im letzten Jahr insgesamt 236.000 Wärmepumpen installiert. Im Vorjahr seien es 154.000 gewesen, 2020 immerhin 120.000. Angesichts dessen ist fraglich, ob das Ziel von 500.000 neuen Wärmepumpen schon so bald erreichbar ist, wie es sich der Bundeskanzler vorstellt. Schließlich muss die Industrie entsprechende Stückzahlen erstmal liefern und das Handwerk ausreichende Kapazitäten bereitstellen können.
Das scheint ausgeschlossen: Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass in den Handwerksbereichen Bauelektrik sowie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik etwa 216.000 zusätzliche Fachkräfte gebraucht werden, damit die Energiewende nicht ins Stocken gerät. Zugleich rechnet jedoch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) vor, dass schon heute 250.000 freie Stellen nicht besetzt werden können – ein erheblicher Anteil davon in den genannten Fachbereichen. Doch selbst wenn die Handwerker da wären, würde ihnen wohl das Material fehlen: Der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) hat unlängst ausrechnen lassen, dass die Lieferzeit für eine Wärmepumpe aktuell im Schnitt bei 38,8 Wochen – also knapp 10 Monaten – liegt.
Ein Drittel weniger Fördermittel für doppelt so viele Wärmepumpen
Das Bundeswirtschaftsministerium verwies zugleich auch darauf, dass nicht nur Wärmepumpen gefördert werden. So sind laut Medienberichten im letzten Jahr in Deutschland 110.000 Biomasseheizungen gefördert worden. Dahinter verbergen sich etwa Heizungen, die Hackschnitzel oder Holzpellets verfeuern. Außerdem sei die Förderung für die Sanierung von 140.000 Gebäudehüllen bewilligt worden. Da Wärmepumpen nur bei gut gedämmten Gebäuden eine sinnvolle Heizungsalternative darstellen, zieht der geplante massenhafte Umstieg auf die Wärmepumpe im Bestand auch die Notwendigkeit solcher Sanierungen nach sich.
So überrascht es nicht, dass die Wärmewende sehr hohe Kosten verursacht: Nicht nur für die Eigentümer, sondern auch für den Steuerzahler, der die Bezuschussung finanziert. Letztes Jahr flossen 18 Milliarden Euro in die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG). Im Jahr 2019 waren es noch 1,2 Milliarden gewesen, im Jahr darauf 5,5 Milliarden und 2021 flossen 8,5 Milliarden Euro. Ein unaufhörlicher Aufwärtstrend ist das aber nicht: Für 2023 sind lediglich 12,8 Milliarden eingeplant. So stellt sich die große Frage, wie bei einer um rund ein Drittel geringeren Förderung mehr als doppelt so viele Wärmepumpen sozial verträglich realisiert werden sollen.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.